Den Mut haben, zu sich zu stehen

Ich habe das Gefühl, als würden viele Menschen nach sich selbst suchen, doch nur wenige trauen sich wirklich, für sich einzustehen.

Wir jagen dem perfekten Leben hinterher: Karriere, Beziehung, Haus, Körper. Alles soll optimiert sein. Doch wenn man hinter die Fassade schaut, begegnen einem oft Unsicherheit und Leere.

Konflikte werden gemieden. Alles sprechen von Kommunikation, doch wie oft werden Probleme nicht mehr konfrontiert oder diskutiert, sondern man ignoriert. Klar Konflikte austragen bedeutet eben auch bei sich hin zu schauen und fähig zu sein, andere zu verstehen. 
Klartext gilt schnell als unhöflich. Wichtiger als echt zu sein, ist politisch korrekt zu sein. Deshalb trauen sich viele auch oft gar nicht mehr, zu ihrer Meinung zu stehen. Eigenverantwortung hört immer auf, wenn man selbst darunter leiden könnte oder nicht davon profitieren. 

Wer Verantwortung übernimmt und offen sagt, was er denkt oder fühlt, läuft Gefahr, verurteilt zu werden. Als „zu direkt“, „zu hart“ oder „zu viel“.

Und trotzdem: Nur wer sich zeigt und sagt, was er denkt, kann gehört werden. Nur wer etwas anpackt, kann etwas bewegen.

Das Leben hat mich gelehrt Fehler zuzulassen. Zu sagen, was ich denke. Verantwortung zu übernehmen – als Frau, Mutter und Berufstätige. Der Sport hat mir diesbezüglich, glaube ich, schon früh viel beigebracht: Wenn du keinen Fehler machen oder das Risiko des Verlierens nicht eingehen willst, dann tritt gar nicht erst an.

Perfektion ist eine Illusion. Aber der Weg zu uns selbst beginnt damit, den Mut zu haben, unperfekt zu handeln und vor allem für seine Werte und Meinungen einzustehen. Meine Eltern haben mir einen Spruch mit auf den Weg gegeben, der mich bis heute begleitet: „Tue recht und scheue niemanden.” Als Mädchen am Küchentisch so oft gehört, beginne ich ihn heute zu verstehen.