Von frühen und anderen Vögeln

UND WARUM ICH FÜR DIE NACHT SCHWÄRME – für alle, die nicht gerne früh aufstehen und so

Kennt Ihr dieses Gefühl, wenn Ihr LinkedIn aufmacht und alle darin erzählen, wie diszipliniert sie sind?

Wie strebsam – wie sie plötzlich aus dem Nichts die Erleuchtung hatten und jetzt «Superhero» sind oder ein erfolgreiches Startup nach dem anderen aus dem Boden stampfen. Und ganz wichtig, alles tun sie dies vor 8 Uhr morgens. Alle sind unfassbar strukturiert. Natürlich darf das unglaublich durchgeplante Sportprogramm, der gesunde Ernährungsstil und nicht zu vergessen, Joga oder sonstige Meditation jeden Tag keinesfalls fehlen. Ja sonst geht ja gar nichts.
Und dann scrolle ich durch und denke, wow, wow und nochmals wow. Und plötzlich fühlt sich mein Leben als der grösste Reinfall an und ich denke ja kein Wunder, ich sollte doch auch schon um 8 Uhr alle meine Mails, Meditation und das super gesunde Frühstück dazu erledigt haben. Fakt ist: Hab ich nicht! Und dann beginnt der Wettlauf mit der Zeit.

Das Gefühl, allem schon hinterher zu rennen, weil alle anderen ja schon so viel erledigt haben. Wenn mich jemand um acht Uhr anruft, ja nicht zu zeigen, dass es mich eigentlich gerade unglaublich anwidert zu telefonieren und so zu tun als wäre das Leben 24/7 eine Party. Eigentlich bräuchte ich ja einfach meine Morgenruhe. Nein auch keine verflixte Meditation, auch kein Powerfrühstück, weil ich Essen vor 10 Uhr nicht mag. Doch traut man sich dies in der heutigen Zeit noch zu erzählen? Das Beste kommt noch, unbedingt kalt duschen, damit der «Mind» voll auf Leistung ausgerichtet ist. Dass ich mir beweisen kann, dass alles nur Sache meiner Einstellung ist. Weiter, die Welt gehört den Machern!
Denjenigen, die immer gerade alles anpacken – reissen. Denjenigen, die eine Entscheidung innert Sekunden treffen. Am Besten gehört eine missglückte und tragische Kindheit dazu, damit man zeigen kann, was man so erreicht hat, trotzdem. Alles andere ist faul, undiszipliniert und sind Erfolgskiller. Schon gar nicht, wenn man noch sagen würde, dass es einem in der Kindheit an nichts fehlte, Möglichkeiten hat und trotzdem manchmal bis 11 Uhr morgens schläft. Aber hallo?! Deine Eltern waren doch Geschäftsleute. Ehm ja und auch die haben ausgeschlafen und nicht meditiert und manchmal zu viel getrunken. Und ja trotzdem hatten sie Erfolg. Sowas in der heutigen Zeit, undenkbar!

Und so habe ich mich auch immer mal wieder anzupassen versucht. Es kam so weit, dass wenn ich um halb Ein Uhr morgens noch ein E-Mail verfasst habe, dieses dann aber erst um 8 Uhr morgens los- schickte. Weil, es gehört sich doch nicht, so spät E-Mails zu versenden. Was ist denn mit der los? Aber Herrgott nochmal, um 5 Uhr morgens ist völlig ok?!

So jetzt könnte man meinen, dass alles was ich geschrieben habe, den Zustand beschreibt, dass wenn jemand voller Energie ist und dadurch manchmal gegen eine Wand läuft, weil er den «Pause» Gang nicht mehr findet. Oder wenn jemand Frühaufsteher ist oder regelmässige Abläufe liebt, ihn verurteile. Nein ganz und gar nicht. Wenn diese Person so ist und damit sein Leben und sein Potential lebt und damit auch erfolgreich und zufrieden ist, ist das völlig ok. Doch es gibt ganz viele andere Wege. Lang nicht alle sind Frühaufsteher und der Biorhythmus lässt sich da auch nicht ändern. Ja vielleicht wenn ich es mir so antrainiere. Doch ist dies für meinen Energiehaushalt dann wirklich gesund? Wenn ich mir vorstelle, wie viel Energie es mich kostet, wenn ich früh aufstehen muss. Und glaubt mir, auch ich hatte Phasen im Leben, da musste ich sehr früh aufstehen. Doch geändert hat sich nichts. Mein Rhythmus ist ein anderer. Ich hasse Diäten, ich hasse immer das Gleiche zu tun, ich hasse es jeden Tag zu meditieren, vor allem wenn der Wein am Vorabend gut war. Und ja, ich hasse es immer gegen meinen eigenen Rhythmus anzugehen. Bin ich deswegen weniger erfolgreich in dem was ich tue?
Nein, doch ich tue es vielleicht einfach anders. Ich teile mir den Tag auch anders ein. Am liebsten auch, wenn dies nicht immer möglich ist, mit Mittagsschlaf. Dieser tut mir unglaublich gut und ich arbeite danach doppelt so schnell. Aber eben, der ist nicht immer möglich.
Und darum appelliere ich: hören wir endlich auf zu glorifizieren. Oder eine Perfektion in Sachen Leistung anzustreben, die ungesund ist und vielen eigentlich schwerfällt. Ich bin auch für Leistung. Ich liebe es zu leisten, aber in meinem Takt. Und nicht alle erfolgreichen Menschen sind Frühaufsteher. Nicht nur gesunde Nahrung führt zu einem ausgewogenen guten Körpergefühl.
Manchmal tut über die Stränge leben der Seele ganz gut. Vielleicht braucht es in jedem Unternehmen Chaoten, doch es braucht auch die Disziplinierten. Darum lassen wir alle so sein, wie sie sind und dann staunen wir plötzlich, was da für Leistungen gemeinsam möglich sind, auch bei einem «Nachtschwärmer».

Viel wichtiger ist, seinen eigenen «Lebensflow» zu leben, der Erfolg kommt dann automatisch. Es kommt mir vor, egal was ich sage oder wie ich umgehe; Hauptsache ich habe meditiert, meinen Mindset eingestellt und mich in Disziplin geübt.